BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

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Ermittlung flächenrepräsentativer Hintergrundkonzentrationen prioritärer Schadstoffe im Bodensickerwasser

Land / Region: Deutschland

Projektanfang: 01.06.2005

Projektende: 30.06.2011

Projektstand: 30.06.2011

Downloads und Veröffentlichungen

Abb. 1: Prinzip einer Saugsonde mit interner Probensammlung zur Bestimmung von anorganischen Spurenstoffen im SickerwasserAbb. 1: Prinzip einer Saugsonde mit interner Probensammlung zur Bestimmung von anorganischen Spurenstoffen im Sickerwasser Quelle: BGR

Veranlassung und Zielsetzung
Eine wesentliche Grundlage für die Ableitung, Fortschreibung und Anwendung von Prüfwerten nach Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV, Anhang 2) für den Pfad Boden-Grundwasser sind Kenntnisse über repräsentative Hintergrundkonzentrationen von Schadstoffen im Bodensickerwasser. Da bisher kaum bundesweit einheitlich erhobene und ausgewertete Daten zur Beschaffenheit des Sickerwassers im Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Zone im notwendigen Umfang zur Verfügung stehen, wurden im Rahmen dieses Vorhabens eine einheitliche Methodik für die Beprobung des Sickerwassers erarbeitet und flächenrepräsentative Hintergrundkonzentrationen (Hintergrundwerte) für anorganische Spurenstoffe im Sickerwasser für 3 Bodenausgangsgesteinsgruppen abgeleitet. Außerdem wurden auf einem Teil der Standorte Hintergrundkonzentrationen von organischen Schadstoffen ermittelt. Der Begriff Hintergrundkonzentration im Bodensickerwasser wird definiert als „die Konzentration eines Stoffes im Sickerwasser, die sich durch die geogenen Bedingungen und die ubiquitäre Belastung des Standorts als Folge diffuser Einträge in den Boden einstellt“. Der Begriff Hintergrundwert im Bodensickerwasser wird definiert als „ein repräsentativer Wert, z. B. das 90. Perzentil, für allgemein verbreitete Hintergrundkonzentrationen eines Stoffes im Sickerwasser“.

Beprobungsverfahren und Beprobungsstrategie
Das oberste Ziel bei der Beprobung von Sickerwasser im Rahmen des Vorhabens ist es, eine Methode anzuwenden, mit der Proben gezogen werden können, die repräsentativ für das natürliche Sickerwasser der beprobten Standorte sind. Es wurden dazu bestehende Methoden der Bodenwasserbeprobung bewertet und Informationen hinsichtlich einer optimalen Probenbehandlung zusammengetragen. Ergebnis der Studie ist, dass die Konzentrationen von Spurenstoffen am Standort am besten durch eine Beprobung des Sickerwassers mit Saugsonden zu erfassen sind. Vor diesem Hintergrund wurde für die anorganischen Spurenstoffe eine nahezu vollständig aus sorptionsfreien Kunststoffen bestehende Saugsonde weiterentwickelt und im Hinblick auf die anstehende Fragestellung optimiert. Für die Beprobung von Sickerwasser zur Bestimmung von organischen Schadstoffen wurde ein Beprobungssystem mit Edelstahlsaugkerzen und -leitungen eingesetzt. Unter Laborbedingungen wurde die Tauglichkeit dieser Probenahmetechnik ausführlich untersucht. Diese Untersuchungen führten u.a. zu einer verbesserten Methode zur Bestimmung von LHKW/BTEX im Sickerwasser.
Das Ziel der Sickerwasserbeprobung ist in diesem Projekt insbesondere die Erstellung einer möglichst umfangreichen Datenbasis zur Ableitung von flächenrepräsentativen Hintergrundwerten im Sickerwasser von großen Flächeneinheiten im bundesweiten Maßstab und weniger die möglichst genaue Mittelwertbestimmung am jeweiligen Standort. Unter diesem Gesichtspunkt ist es am sinnvollsten auf möglichst vielen Flächen Sickerwasserproben zu entnehmen, um eine statistische Absicherung der Hintergrundwerte unter Einbeziehung der zeitlichen und räumlichen Variabilität zu erreichen. Da die logistischen Vorbereitungen einer Standortbeprobung und die Beprobung am Standort sehr zeitintensiv sind, wurde festgelegt, dass pro Standort jeweils einmalig an 10 Punkten eine Sickerwasserbeprobung durchgeführt wird. Außerdem werden am Standort Bodenproben aus einer Rammkernsondierung (bei geringmächtigen Horizonten in 0-50 cm auch aus einer Profilgrube) zur Charakterisierung der Horizonte des Bodenprofils (bzw. der ungesättigten Zone) am Standort bis zum Grundwasserspiegel sowie 10 Bodenproben (nachfolgend Sedimentproben genannt) aus dem Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Bodenzone (also aus dem gleichen Tiefenbereich/Position wo auch die Sickerwasserproben gewonnen wurden) entnommen. Zusätzlich wurde an ausgewählten Standorten auch die Beprobung zur Bestimmung von organischen Schadstoffen durchgeführt.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde untersucht, ob die Beprobung des Sickerwassers im Übergangsbereich zwischen der ungesättigten und der gesättigten Zone erfolgen muss (Ort der Beurteilung nach BBodSchV) oder ob alternativ das Sickerwasser aus dem oberflächennahen Grundwasser (oberste 10 cm des Grundwassers, SW-oGW) am gleichen Standort beprobt werden kann. Eine Beantwortung dieser Frage ist deshalb wichtig, weil eine Beprobung des SW-oGW wesentliche Vorteile gegenüber einer Beprobung aus dem Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Zone hat. Das Ergebnis der Untersuchung ist, dass zur Bestimmung der Konzentrationen von Spurenelementen im Sickerwasser des exemplarisch untersuchten Sandstandortes eine Beprobung des oberflächennahen Grundwassers durchgeführt werden kann, wenn bestimmte Randbedingungen (keine Änderung des Substrats oder der Redoxbedingungen, hinreichender Abstand zu einer Nutzungswechselgrenze, nur geringe laterale Wasserflüsse, keine aufsteigenden Wasserflüsse) eingehalten werden. Wenn die formulierten Randbedingungen eingehalten werden, ist davon auszugehen, dass die Methode zur Beprobung des oberflächennahen Grundwassers nicht nur auf Sandstandorten, sondern auch auf anderen (z.B. bindigeren) Lockersedimenten eingesetzt werden kann.

Beprobungsstandorte
Die Beprobung wurde in diesem Projekt vorrangig auf Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) bzw. Flächen der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE) der Länder durchgeführt, da sie eine regionale Repräsentanz aufweisen und die von diesen Flächen vorliegenden bodenkundlichen und bodenchemischen Daten eine gezielte Auswahl ermöglichten. Im Rahmen dieses Projektes wurden nur Flächen unter landwirtschaftlicher (Acker/Grünland) und forstwirtschaftlicher Nutzung beprobt. Die Auswahl der Standorte erfolgte im Wesentlichen an Hand der Kriterien flächenmäßig dominierende Gruppen der Bodenausgangsgesteine (BAG), Nutzungsverteilung der BAG und Lockergestein im Untergrund. Im Projekt wurde der Schwerpunkt der Beprobung vorerst auf drei flächenmäßig dominierende Bodenausgangsgesteinsgruppen in Norddeutschland gelegt: 1. Sande und mächtige sandige Deckschichten (33 Standorte), 2. Geschiebemergel und -lehme sowie Geschiebemergel und -lehme mit sandiger Deckschicht (10 Standorte) und 3. Lösse (7 Standorte). Insgesamt wurden 49 Standorte für die Ableitung von flächenrepräsentativen Hintergrundkonzentrationen beprobt.

Zeitliche und räumliche Variabilität von Hintergrundkonzentrationen im Sickerwasser

Abb. 3: Zeitliche Variabilität am Standort Fuhrberg S2: Relative Darstellung der Spurenelementkonzentrationen im Vergleich zu den Werten von März 2003Abb. 3: Zeitliche Variabilität am Standort Fuhrberg S2: Relative Darstellung der Spurenelementkonzentrationen im Vergleich zu den Werten von März 2003 Quelle: BGR

Für die Entwicklung einer Beprobungsstrategie sind Kenntnisse über die zeitliche und räumliche Variabilität von Hintergrundkonzentrationen im Sickerwasser bzw. im oberflächennahen Grundwasser unbedingt erforderlich. Erst unter Berücksichtigung der zeitlichen und räumlichen Variabilität kann abgeschätzt werden mit welcher Unsicherheit eine einmalige Beprobung von Standorten behaftet ist. Die Auswertung der zeitlichen Variabilität der Spurenelementkonzentrationen im Sickerwasser von 4 betrachteten Standorten zeigte, dass zeitliche Unterschiede (bis Faktor 3) in den Spurenelementkonzentrationen auftreten können. Für diese zeitliche Variabilität der Spurenelementkonzentrationen kommen mehrere Ursachen in Betracht wie z. B. der Beprobungstermin und damit verbundene unterschiedliche vorangegangene Witterungslagen die sich auf die Sickerwassermenge sowie den Grundwasserstand auswirken und somit auch auf die Stoffkonzentrationen im Sickerwasser. Auch die Vorfrucht und die spezifischen Düngemittelgaben und Nährstoffaufnahmen haben einen Einfluss auf die stoffliche Zusammensetzung der Sickerwässer insbesondere auf den pH-Wert und werden somit auch die Spurenelementkonzentrationen beeinflussen. Die zeitliche Variabilität der Konzentrationen der Spurenelemente ist deutlich geringer als die der Hauptanionen und –kationen, die wesentlich stärker durch Prozesse wie Sickerwasserbildung, Düngung, Mineralisation und Nährstoffaufnahme geprägt sind. Eine einmalige Beprobung einer Fläche auf Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW ist deshalb immer mit einer Unsicherheit der ermittelten Konzentrationen bedingt durch die zeitliche Variabilität behaftet.

Es wurden die räumlichen Variabilitäten der Spurenelementkonzentrationen im Sickerwasser standortintern und standortübergreifend ermittelt. Als Maß für die Variabilität wurde aufgrund der deutlichen Abweichung der Werte von einer Normalverteilung der Interquartilabstand in Relation zum Median (IQA/Me, oder relative IQA) verwendet. Der mittlere relative IQA beträgt bei den beprobten Standorten für die meisten Elemente standortintern 50% bis 100%. Die räumliche Variabilität ist weniger standort- als elementabhängig. Es ist also nicht so, das immer der gleiche Standort eine höhere räumliche Variabilität der Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW zeigt. Als tendenziell standortintern weniger variable Elemente zeigten sich B, Cr und Sn wohingegen Cd, Co und Zn deutlich größere räumliche Variabilität zeigten. Bei As, Mo und V war die räumliche Variabilität der Spurenelementkonzentrationen in SW-oGW von Sanden tendenziell größer als von anderen Substraten.
Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass im Allgemeinen die standortübergreifende räumliche Variabilität deutlich größer ist als die standortinterne, da die beeinflussenden Faktoren auf einer größeren räumlichen Entfernung auch stärker schwanken können als im Transekt einer Beprobung am Standort. Daraus lässt sich für die Ableitung der Hintergrundwerte folgern, dass es notwendig ist, eine höhere Anzahl an verschiedenen Standorten zu untersuchen, da nur dadurch die räumliche Variabilität der Spurenelementkonzentrationen adäquat zu erfassen ist und die Aussagefähigkeit der Datenbasis gewährleistet werden kann.

Flächenrepräsentative Hintergrundkonzentrationen
Die erhobene Datenbasis der Hintergrundkonzentrationen im SW-oGW von 46 Standorten wurde zur Bestimmung der 50. (Mediane) und 90. Perzentile der Hintergrundkonzentrationen für die in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) aufgelisteten Spurenelemente zur Beurteilung des Pfades Boden-Grundwasser sowie zusätzlich für B, Ba und V ausgewertet. Da im Zuge der Fortschreibung der BBodSchV die Prüfwerte zukünftig stärker an die Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) für das Grundwasser ausgerichtet werden sollen, wurden die ausgewerteten Hintergrundkonzentrationen mit den GFS verglichen. In einem ersten Schritt wurde analog zu dem Vorgehen zur Bestimmung der Hintergrundwerte von Spurenelementen in Böden (vgl. LABO, 2003) nach den Bodenausgangsgesteinen Sand, Geschiebelehm/-mergel und Löss stratifiziert, innerhalb der Bodenausgangsgesteinsgruppe zusätzlich nach der Nutzung (Acker/Forst/Grünland). Auf diese Weise wurde nach 5 Standorttypen stratifiziert: Acker auf Sand, Grünland auf Sand und Wald auf Sand, sowie Acker auf Geschiebelehm/-mergel und Acker auf Löss. Diese 5 Standorttypen sind repräsentativ für ca. 35% der Fläche Deutschlands. Die Berücksichtigung von Klimaregionen bzw. Höhe der Sickerwasserrate als ein Aspekt zur Stratifizierung der Hintergrundkonzentrationen von Spurenelementen wurde untersucht; dabei konnte jedoch keine Abhängigkeit festgestellt werden.

Abb. 5: Boxplots der pH-Werte gruppiert nach den im Projekt beprobten StandorttypenAbb. 5: Boxplots der pH-Werte gruppiert nach den im Projekt beprobten Standorttypen Quelle: BGR

Die Auswertung der pH-Werte und der DOC-Gehalte (wichtige mobilitätsbestimmende Faktoren) der Sickerwasserproben der 5 Standorttypen zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Standorttypen auf. Erwartungsgemäß sind die pH-Werte der Sandböden unter Forst am niedrigsten (Median pH 4.2), dann folgen die Sandböden unter Acker (pH 5.4) bzw. Grünland (pH 6.3, jedoch nur 5 Standorte). Die Mediane der pH-Werte des Sickerwassers von den Löss- und Geschiebelehm/-mergelstandorten liegen um pH=7. Die höchsten DOC-Konzentrationen im SW-oGW sind in Sandböden unter Grünland zu finden.

Die Mediane der Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW der BAG „Geschiebelehmen bzw. –mergeln“ und BAG „Lösse“ unter ackerbaulicher Nutzung liegen nahezu ausnahmslos unter 10% der Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS). Nur F bildet mit Werten um 30% der GFS eine Ausnahme. Auch das 90. Perzentil der Spurenelementkonzentrationen dieser beiden Standorttypen liegt bei max. 60% der GFS, meistens sogar deutlich unter 30% der GFS. Nur für einzelne Elemente wurden einige Konzentrationen oberhalb der GFS gemessen. Diese beiden Standorttypen sind also im Hinblick auf eine Mobilisierung und Verlagerung von Spurenelementen mit dem Sickerwasser ins Grundwasser unproblematisch. Wenn also eine Überschreitung der GFS im oberflächennahen Grundwasser (SW-oGW) auf diesen Standorttypen festgestellt wird, dann ist diese mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur durch geogene Gehalte und ubiquitär-diffuse Einträge bedingt.
Völlig anders stellt sich die Situation auf den puffer- und sorptionsschwachen Sandböden dar. Während die Mediane der Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW der BAG „Sande“ unter Acker (siehe Abb. 6), Grünland und Forst vorwiegend noch weniger als 40% der GFS betragen, liegen die 90. Perzentile von Cd, Co, Ni, V und Zn bei Acker, bzw. von Cd, Co, Ni, Zn und F unter Forst sowie von Cu, Ni, V und F unter Grünland oberhalb der GFS. Es sind dann auch diese Spurenelemente, bei denen sich 10-50% der Werte über den GFS befinden. Insbesondere bei den stärker versauerten Sandböden unter Forst liegen die Konzentrationen von Cd, Co, Ni, und Zn bei 30-50% der Proben über den GFS.

Die Auswertungen geben auch Hinweise auf die Frage, in wie weit die abgeleiteten 50. und 90. Perzentile der Hintergrundkonzentrationen repräsentativ für die verschiedenen Standorttypen sind. Wie die Auswertung zeigt, wird der Wert des 50. Perzentil für nahezu sämtliche Elemente kaum durch stärker nach oben abweichende Hintergrundkonzentrationen einzelner Standorte beeinflusst, so dass der Median für alle Elemente die allgemeine Tendenz widerspiegelt und somit die Mediane der Standorttypen, mit Ausnahme von Sand unter Grünland (zu wenig Standorte) als belastbares Maß gelten kann. Der Vertrauensbereich der Mediane liegt im Mittel für das Signifikanzniveau von 90% bei ± 21% vom Median, wobei je nach Element und Standorttyp sehr unterschiedlich große Vertrauensbereiche vorkommen können. Für die 5 untersuchten Standorttypen kann man auf Grund der derzeitigen Datenbasis aussagen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Mediane nahezu sämtlicher Elemente die GFS nicht überschreiten werden. Nur für die Mediane von Cd und Zn (evt. Ni) bei Sandböden unter Wald bzw. für V (evt. Cu) bei Sandböden unter Grünland sind höhere Überschreitungswahrscheinlichkeiten der GFS zu erwarten. Wie bei der Diskussion der einzelnen Standorttypen aufgezeigt, werden die 90. Perzentile häufig stark von den Konzentrationen einzelner Standorte geprägt. Deshalb ist die Repräsentativität der 90. Perzentile für alle Standorttypen bisher nicht gesichert und muss durch weitere Beprobungen abgesichert werden. Für die BAG der „Lösse“ ist eine weitere regionalspezifische Absicherung erforderlich, da hier bisher nur Sickerwasserproben am nördlichen Rand des Lössausbreitungsgebiets entnommen wurden.

Abb. 7: Anzahl der im Projekt entnommenen Proben (in %) deren Spurenelementkonzentrationen die Geringfügigkeitsschwellen (GFS) überschreiten, gruppiert nach StandorttypenAbb. 7: Anzahl der im Projekt entnommenen Proben (in %) deren Spurenelementkonzentrationen die Geringfügigkeitsschwellen (GFS) überschreiten, gruppiert nach Standorttypen Quelle: BGR

Eine Überschreitung der GFS für mehrere Elemente wurde insbesondere bei den BAG-Standorten der „Sande“ festgestellt. Die Untersuchung, ob eher einzelne Standorte oder einzelne Proben verschiedener Standorte für die Überschreitung der GFS verantwortlich sind, zeigt, dass immer mehrere Standorte an der Überschreitung der GFS beteiligt sind. Beispielsweise liegen bei den stärker versauerten Sandböden unter Forst die Konzentrationen von 25 bis 50% der Proben von Cd, Co, Ni, und Zn über den GFS und dabei zeigen jeweils 9-10 von den 11 beprobten Standorten eine Überschreitung der GFS. Die Überschreitung der GFS ist also nicht auf den Einfluss einzelner Standorte zurück zu führen, sondern es sind immer mehrere Standorte daran beteiligt. Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass die Überschreitungen der GFS für BAG-Standorte der „Sande“ flächenrepräsentativ ist.
Interessant ist außerdem die Gegenüberstellung der abgeleiteten Hintergrundkonzentrationen (50. und 90. P) im Sickerwasser für die 5 Standorttypen mit den im Rahmen der Hintergrundwertableitung im Grundwasser untersuchten Grundwässern von Sanden und Kiesen des Norddeutschen Flachlandes mit Entnahmetiefen unter 10 m u. GOK (Kunkel et al., 2004). Die Ausdehnung der hydrogeologischen Bezugseinheit „Sande und Kiese des Norddeutschen Flachlandes“ umfasst nahezu genau das in diesem Vorhaben beprobte Gebiet und ist somit optimal vergleichbar. Auffällig ist dabei, dass die 90. Perzentile von z.B. Co, Ni und Zn der Sandböden unter Acker, Grünland und Forst meistens über den GSF liegen, aber gleichzeitig unter dem 90. Perzentil der hydrogeologischen Bezugseinheit der „Sande und Kiese des Norddeutschen Flachlandes". Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die im Vorhaben abgeleiteten 90. Perzentile für Co, Ni und Zn für diese regionale hydrogeologische Bezugseinheit also durchaus normal sind.
Hinweise auf Untersuchungsbedarf gibt es auch auf sorptionsschwachen Sandböden, die durch ihre Lage in der Nähe von Industriezentren oder in Gebieten mit einer langjährig erhöhten sauren Deposition sehr stark versauert sind. Der Standort Ratingen z.B. (Sand unter Forst) fiel durch außergewöhnlich hohe Spurenelementkonzentrationen im Sickerwasser auf. Auch im Vergleich mit den Spurenelementkonzentrationen auf Standorten des gleichen Typs, Sand unter Forst, sind die Konzentrationen von Ba, Cd, Co, Cu, Pb und Zn hoch bis sehr hoch. Anthropogen erhöhte Spurenelementgehalte in der Festphase als mögliche Ursache konnten nicht nachgewiesen werden. Betrachtet man jedoch die pH-Werte sowohl der Fest- (pH 3,03-4,28) als auch der Lösungsphase (pH 2,77-3,95), zeigt sich eine starke tiefgründige Versauerung des durchweg pufferschwachen Materials. Die erhöhten Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW sind also nicht auf anthropogen erhöhte Spurenelementgehalte in der Festphase zurückzuführen, sondern werden durch primär anthropogen bedingte Versauerung der Böden verursacht, welche den Vorrat an Spurenelementen stärker mobilisiert. Inwiefern diese Beobachtung auf andere Standorte mit ähnlichen Randbedingungen (langjährige saure Deposition, schwache Pufferfähigkeit des Bodens, „normale“ Hintergrundgehalte im Boden) zutrifft, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Prognostizierbarkeit von Spurenelementkonzentrationen im Sickerwasser
Im vorsorgenden Bodenschutz werden die Königswasser-(KW-)extrahierbaren Gehalte von Spurenelementen in der Feststoffphase als Vorsorgewerte verwendet. Es stellt sich die Frage, ob die Spurenelementkonzentrationen in der Lösungsphase mithilfe der KW-extrahierbaren Gehalte an Spurenelementen in der Feststoffphase vorhersagbar sind. Unter der Lösungsphase wird hier das Sickerwasser am Ort der Beurteilung (SW-oGW) verstanden. Das Ergebnis der Auswertungen ist, dass die KW-extrahierbaren Spurenelementgehalte weder im Oberboden noch im Sediment am Ort der Sickerwasserbeprobung (= Ort der Beurteilung in der Sickerwasserprognose) einen Zusammenhang zu den gelösten Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW zeigen.
Das Beproben der Feststoffphase, also von Boden oder Sediment im Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Zone, ist im Allgemeinen weniger aufwändig als die Entnahme von Wasserproben. Daher wurde die Prognostizierbarkeit von in situ gemessenen Spurenelementkonzentrationen im Sickerwasser bzw. oberflächennahen Grundwasser (SW-oGW) am Ort der Beurteilung mithilfe von Boden- und Sedimenteigenschaften als erklärende (unabhängige) Variablen untersucht. Als unabhängige Variablen für die Prognose wurden die Spurenelementkonzentrationen im Sediment-Eluat bei einem Wasser-Feststoffverhältnis 2:1, der pH-Wert im 2:1-Eluat, der organische Kohlenstoffgehalt sowie die oxalatlöslichen Fe-Konzentrationen in Betracht gezogen. Der pH-Wert ist nach den Spurenelementkonzentrationen im Eluat, die unabhängige Variable, welche laut den Ergebnissen der schrittweisen multiplen Regressionsanalyse am besten zur Prognostizierbarkeit der Spurenelementkonzentrationen im SW-oGW beiträgt. Zusammenfassend betrachtet sind die Ergebnisse der schrittweise multiplen Regressionsanalyse bedingt durch die ausgeprägte Streuung der Werte weniger quantitativ als qualitativ verwertbar. Das heißt die einzelnen Werte der berechneten Konstanten und Parameterschätzer können bisher nur als eine allgemeine Tendenz und nicht als definitive Werte gesehen werden. Weitere Auswertungen, insbesondere auch mit hydrogeochemischen Modellen, sind deshalb unbedingt erforderlich.

Hintergrundkonzentrationen von organischen Spurenstoffen im Sickerwasser
Die Konzentration von ausgewählten organischen Stoffen im Sickerwasser wurde nur auf einer eingeschränkten Anzahl von Standorten auf Sandböden durchgeführt. Die neun im Vorhaben auf organische Schadstoffe untersuchten naturnahen Standorte weisen bzgl. ihrer Nutzung, Grundwasserflurabstandes und Bodentypes innerhalb der Bodenausgangsgesteinsklasse der Sande ein breites Spektrum auf. Im Rahmen der hier dargestellten Probenahmemethode und angewendeten Analyseverfahren liegen sämtliche Schadstoffkonzentrationen für LHKW/BTEX, PAK16, PCB6, MKW und den chlororganischen Pestiziden im Bodensickerwasser/oberflächennahen Grundwasser unterhalb der stoffspezifischen Nachweisgrenzen. Die Angabe von Hintergrundkonzentrationen und die Ableitung von Hintergrundwerten sind deshalb nicht möglich. Möglicherweise liefern Anreicherungstechniken (z.B. mit Adsorberharzen) einen Ansatz zur Bestimmung dieser Werte.

Fazit
Mit dem vorgelegten Bericht liegen erstmals Daten zur Ableitung von flächenrepräsentativen und nutzungsspezifischen Hintergrundkonzentrationen von Spurenelementen im Sickerwasser für 3 Gruppen der Bodenausgangsgesteine (BAG) vor. Die Auswertungen haben gezeigt, dass weitere Beprobungen erforderlich sind um insbesondere die 90. Perzentile abzusichern. Da die bisher untersuchten Standorttypen dieser BAG ca. 35% der Fläche Deutschlands abdecken, sind entsprechende Untersuchungen für weitere BAG, differenziert nach Nutzung, erforderlich. Während die Untersuchungen auf Standorten mit Lockersedimenten im Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Zone durchführbar sind, stehen für Regionen mit Festgestein im Übergangsbereich noch keine geeigneten Beprobungsverfahren zur Verfügung.

Kontakt:

    
Arbeitsbereich Wasser- und Stoffmigration

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